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Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle

Nicobär

Member
Mit zunehmender Motorisierung ab den 30er Jahren, vor allem aber nach dem 2. Weltkrieg spielten Tankstellen im Ortsbild, aber auch in der Kulturlandschaft eine zunehmend größere Rolle. In der Zeit zwischen 1950 und 1970 entstanden an vielen Stellen sogenannte "Kleintankstellen". Die Mineralölkonzerne entwickelten hierfür standardisierte Bauten. Diese historischen Tankstellen sind heute sehr oft bereits nicht nur stillgelegt, sondern auch der Spitzhacke zum Opfer gefallen. Andere fanden eine neue Nutzung. Und selbst wenn heute, teilweise schon seit über einem halben Jahrhundert, diese Tankstellen schon lange nicht mehr als solche in Betrieb sind, erkennt man - mit ein wenig Übung - immer noch, welcher Mineralölkonzern dort dereinst via Pächter eine Tankstelle betrieben hat.
Heute sind die noch erhaltenen Bauten wichtige Baudenkmäler aus einer lange vergessenen Zeit.

Zu dem Thema verlinke ich an dieser Stelle einmal zwei Artikel:

(1) Eine kleine Kulturgeschichte der Tankstelle: Der Preis der Freiheit (aus: Monumente, Zeitschrift der deutschen Stiftung Denkmalschutz, 2015).
(2) Die Shell-ODK und -ODZ (aus: MR - Moderne Regional, 2019)

Die allermeisten Kleintankstellen verschwanden ab den 1970er Jahren. Wesentlich dazu beigetragen haben da die Ölkrise, aber auch verändertes Kaufverhalten. Um Tankstellen weiterhin rentabel betreiben zu können, setzten die Mineralölkonzerne auf Großtankstellen mit Selbstbedienung. Der gute alte Tankwart starb mit dem Aufkommen der Kleintankstellen aus.
 
Vielen Dank für dieses wirklich hochinteressante Thema!

Ich finde Tankstellen vor allem äußerst interessant, da fast alle Menschen (natürlich nur jene mit Auto oder sonstigem Motorfahrzeug und deren Beifahrer) diese Veränderungen ständig wahrnehmen und es dennoch relativ wenig Literatur oder Forschungen dazu gibt.

Ich erinnere mich an eine historisch sehr frühe Webseite in Deutschland, in der der Autor sehr ausführlich den Architektur-Stil von Tankstellen in Deutschland untersucht hat. Vor allem konnte er belegen, dass die Nachkriegs-Tankstellen bis in die 1970er Jahre auf amerikanischen Bauplänen beruhten. Ich habe diese Seite schon öfters gesucht, leider konnte ich sie nicht wieder finden.

Ich selbst habe Erinnerungen an Tankstellen seit ich ungefähr 6 Jahre alt war. Das kann ich deshalb so genau datieren, weil die Autobahnen unserer Fahrstrecke zu dieser Zeit erst gebaut wurden und wir damals noch auf Landstraßen fuhren. Und das waren wirklich urige Tankstellen am Land, das Waschen der Fenster durch den Tankwart war beim Tanken das größte Erlebnis.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Vielen Dank für dieses wirklich hochinteressante Thema!

Ich finde Tankstellen vor allem äußerst interessant, da fast alle Menschen (natürlich nur jene mit Auto oder sonstigem Motorfahrzeug und deren Beifahrer) diese Veränderungen ständig wahrnehmen und es dennoch relativ wenig Literatur oder Forschungen dazu gibt.
Tankstellen sind halt Aspekte der Gegenwartskultur, die einem ständigen Wechsel unterliegen. Sie gelten als etwas Selbstverständliches, das Verschwinden alter Stilistiken und das Aufkommen neuer vollzieht sich permanent, aber sukzessive und wird von den Allermeisten bewusst und direkt gar nicht wahrgenommen. Es ist im Grunde dasselbe, wie die stilistischen Veränderungen, die die Straßenbeleuchtung durchmacht.
Ich habe es mir inzwischen angewöhnt, genau für diese Veränderungen im Kleinen, im Alltäglichen, im Selbstverständlichen ein Auge zu haben. Und es ist hoch interessant, worauf man da so alles stößt und was man da so alles lernen kann und lernt.

Zurück zur Tankstellengeschichte - da habe ich zur Geschichte der Architektur, aber auch zur Entwicklung der Technologie hier diesen Artikel aus dem Jahre 2004 gefunden:

Tankstellengeschichte in Deutschland (geschichtsspuren.de)
 
Zuletzt bearbeitet:
Tankstellen sind halt Aspekte der Gegenwartskultur, die einem ständigen Wechsel unterliegen. Sie gelten als etwas Selbstverständliches, das Verschwinden alter Stilistiken und das Aufkommen neuer vollzieht sich permanent, aber sukzessive und wird von den Allermeisten bewusst und direkt gar nicht wahrgenommen. Es ist im Grunde dasselbe, wie die stilistischen Veränderungen, die die Straßenbeleuchtung durchmacht.
Ich habe es mir inzwischen angewöhnt, genau für diese Veränderungen im Kleinen, im Alltäglichen, im Selbstverständlichen ein Auge zu haben. Und es ist hoch interessant, worauf man da so alles stößt und was man da so alles lernen kann und lernt.
Gratuliere! Präziser und schöner kann man diesen volkskundlichen Aspekt gar nicht ausdrücken!

Danke für den Hinweis auf die Tankstellengeschichte, hier ist auch der bedeutende architekturhistorische Aspekt der Tankstellen sehr schön beleuchtet.

Bei den historischen Fotos in Österreich fallen mir die ersten Tankstellen immer vor Apotheken auf, später gehen sie langsam auf Privathäuser über. Die strengen vor allem amerikanischen Architekturvorschriften zu Tankstellen sind mir zumindest in den 1960er und 1970er Jahren in Österreich bei weitem weniger aufgefallen als etwa in Deutschland. Hier waren es nach meinem persönlichen Eindruck vielfach Privatunternehmer und vor allem die Lagerhäuser sowie auch Tankstellen im Umfeld von Bahnhöfen und Wägeeinrichtungen.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Gerade zufällig über einen Podcast zum Thema Tankstelle gestolpert. Da es hier einige interessiert, hier der link:
 
Vielen Dank für Deinen Hinweis!
Das ist eine sehr profunde kulturwissenschaftliche Untersuchung zur Tankstelle, vor allem auch mit einer fast unbegrenzten Menge an Aspekten. Immer wieder neue Blickwinkel, das hört gar nicht auf. Super!

Wolfgang (SAGEN.at)
 
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